shooting heads
Beim Spinnfischen werfe ich eine Punktmasse, den Blinker.
Beim Fiegenfischen werf ich einen langen, flexiblen Massekörper, den Schusskopf. Sein vorderes Ende ist über das Vorfach mit der Fliege, das hintere Ende über Running / Shooting Line und Backing mit der Rolle verbunden.
Vorfach / Polyleader / Schusskopf / Running Line
Der Vorteil des Schusskopffischens besteht darin, dass Schusskopf und Running Line mit Schlaufen versehen sind, ich also im Bedarfsfall den Kopf wechseln kann, was irgendwie Sinn macht und sich in den letzten 70 Jahren dementsprechend durchgesetzt hat.
Schussköpfe gibt es für die alle Facetten des Fliegenfischens und dementsprechend auch für die verschiedenen Wurfstile, die sich (wenn man den Exoten Bow & Arrow Cast mal außen vor läßt), wie folgt einteilen lassen:
- Überkopfwürfe
- Wasserwürfe
Die Wasserwürfe lassen sich wiederum unterteilen in
- Airborne Cast / Touch & Go Cast
- Waterborne Cast / Sustained Anchor Cast
Für welche Rute brauch ich bei welchem Wurfstil welchen Kopf mit welchem Gewicht ?
Schwierige Frage, die sich gerade für einen Anfänger nicht von selbst beantwortet. Etwas Unterstützung bietet der Shop, da die Köpfe nach Typ, Sinkrate und innerhalb der Sinkrate nach Gewicht vorsortiert sind. Wenn ich also einen schwimmenden Scandi von 30 g suche, mich durchklicke und runterscrolle, lande ich z.B. bei diesem:
Eine Darstellung der Masseverteilung (Taper) sieht man auf der Zeichnung links, es folgen Gewicht, Brand, Name, Sinkrate und Länge (1050 = 10,50 m) - was will man mehr.
Gewicht
Jeder stolpert irgendwann über diese Abkürzungen: AFTMA steht für American Fishing Tackle Manufactering Association und stellt ein Klassifizierungssystem für Fliegenschnüre dar, welches ursprünglich der Vergleichbarkeit von DT-Fliegenschnüren untereinander dienen sollte. Die Hersteller von Fliegenschnüren haben sich hierbei darauf geeinigt, dass ihre Schnüre an einem bestimmten Messpunkt (9,14 m) ein bestimmtes Gewicht auf die Waage bringen. Das System passte auch gut in die damalige Zeit, eine DT war beispielsweise 40 m lang und wenn man davon 12 m - 13 m in der Luft hielt, passte es (meist) zur jeweiligen Ruteklasse. Diese Zeiten sind allerdings vorbei, DTs werden kaum noch produziert und noch weniger gefischt, ich schenk mir daher die Tabellen mit den Gewichtsangaben, da sie lediglich für Schnurproduzenten von Interesse sind.
Das Leben ist heute viel einfacher: Wenn ich einen schwimmenden Kopf von 8,50 m Länge in 22 g für das Hechtfischen suche, dann schau ich halt bei den schwimmenden Köpfen für das Hechtfischen nach !
Finde ich nichts Passendes, muss ich gegebenfalls einen längeren / schwereren Kopf entsprechend einkürzen.
Hierfür gibt es Scheren und Digital-Waagen, letztere für rund € 10.
Bin immer wieder erstaunt, dass Leute diese "Investition" scheuen - ich muss doch wissen, was ich fische !!??!!!
Und woher weiß ich nun, dass meine #8er Einhand, die ich überkopf werfen will, ein Wurfgewicht von 20 g braucht? Wissen tut das keiner, trotzdem folgende Empfehlung als Einstieg:
#5: 14 g
#6: 16 g
#7: 18 g
#8: 20 g
#9: 22 g
#10: 24 g
#11: 27 g
#12: 30 g
Ändert sich die Länge, sollte man eine Anpassung des Gewichts im Auge haben:
#8: 17 g bei 6 m
#8: 20 g bei 9 m
#8: 23 g bei 12 m
Gleiches gilt, wenn ich von einem (dicken) Floater auf einen (dünnen) Sinker wechsele.
#8: 20 g float
#8: 19 g S3
#8: 18 g - 19 g S7
Problem:
Werfen läßt sich (fast) alles, es muß mir persönlich aber auch gefallen - und da sind die Geschmäcker ganz unterschiedlich.
Der eine wirft lieber einen leichten Kopf mit einer etwas höheren Geschwindigkeit, der andere einen etwas schwereren Kopf mit einer niedrigeren Geschwindkeit.
Es gibt da eher selten ein "richtig" oder "falsch" - entweder es passt oder es passt nicht !!
Das gilt auch für den 2Hand-Bereich:
Scandi Short, Scandi, Scandi Long, Short Spey und Mid Spey - 5 verschiedene Längen und Gewichte für eine einzige Rute !!
Brauch ich all diese Köpfe an jedem Tag an jedem Fluss? Nee, das hängt insbesondere von den örtlichen Gegebenheiten und natürlich auch von meinen persönlichen Vorliegen ab. Wenn ich beispielsweise keinen Rückraum habe, wird es mit einem 18 m - Kopf echt schwer...
Es gibt zunehmend mehr 2-teilige "Schusskopfsysteme", denen es vollkommen egal ist, ob sie überkopf, unterhand oder im Skagit-Style geworfen werden - allerdings muss das Wurfgewicht zur Rute passen, was dann allerdings wieder vom Wurstil abhängt und der sich anschließenden Frage, ob das Gewicht des Tips immer oder nur manchmal mitgezählt wird.
Beispiel:
Eine #9er-Zweihand hat überhaupt kein Problem mit 53g im "Skagit-Style" (42g Body + 11g Tip), während 53g im "Scandi-Style" seeeehr clumsy werden würden, da sind 42 g (34g Body + 8g Tip) eher die Obergrenze.
Und dafür gibt es dann eine Tabelle:
Die Tabellen beruhen auf den Empfehlungen von RIO, ich würd da grundsätzlich den höheren Wert ansetzen.
Seele / Core
Die Seele bestimmt die Tragkraft der Schnur.
Die Seele besteht bei allen Schussköpfen entweder aus monofilem Nylon oder einem geflochtenen Polyester-Material (früher quergeflochtenes Dacron, heute längsgeflochtener Power-Core).
Monofiles Nylon findet sich heute nur noch bei (manchen) klaren Köpfen, der Rest ist Power Core, Connnect Core oder Direct Core (je nach Brand).
2x Power Core, 1x Braided Core (rechts)
Power Core ist längsgeflochten ...
... und hat dadurch weniger Dehnung. Im übrigen läßt er sich ohne Aufwand spleissen !
Coating
Das Material des Coatings bestimmt die Sink- oder Schwimmeigenschaft.
Das Coating besteht immer aus einem Kunststoff, wobei es sich hierbei entweder um Themoplaste (PVC) oder Elastomere (Polyurethan) handelt. Es gibt die Schnüre mit einem (beabsichtigt) härteren Coating, was bei der Fischerei in tropischen Gewässern erforderlich ist und extrem weiche Schnüre für die Winterfischerei in heimischen Gefilden. Beide Varianten gibt es aus PVC und PU, so dass man nicht sagen kann, PVC oder PU wär härter oder weicher, es kommt halt darauf an. Unabhängig davon habe ich allerdings den Eindruck, dass Schnüre aus PVC altern, weil das Coating flüchtige Weichmacher enthält.
Die Schwimmfähigkeit einer Schnur wird durch die Zugabe von sogenannten micro-spheres oder micro-balloons erreicht, je größer der Anteil, desto höher schwimmt die Schnur. Allerdings führt dieses auch dazu, dass die Schnur gerade an Stellen mit höherer Belastung leichter spröde wird, wie man es bei WF-Schnüren am Übergang von der Runningline zum Belly beobachten kann.
Die jeweilige Sinkrate einer Sinkschnur wird demgegenüber durch die unterschiedlich Zugabe von (meist) Tungsten-Pulver erreicht.
Taper
Das Profil einer Schnur ergibt sich dadurch, dass - über die Länge der Schnur betrachtet - im Fertigungsprozess an unterschiedlichen Stellen der durchlaufenden Seele unterschiedliche Mengen des Coatings aufgetragen werden (Düse auf: Viel Coating; Düse zu: Wenig Coating).
Da dieses sich relativ einfach programmieren läßt, jedenfalls keinen großen Aufwand darstellt, gibt es auch sehr viele unterschiedliche Profile, die dann auch noch bei jedem "Hersteller" (oder den unterschiedlichen Labels) anders heißen. Im Ergebnis führt dieses dazu, dass gerade der Anfänger bei Bass-Taper, Nymph-Taper, Pike-Taper, Steelhead-Taper, Stillwater-Taper und und und völlig den Überblick verliert.
Hier gibt es einige Übersichten:
COASTAL
Density
Zur Sinkrate muss man relativ wenig Worte verlieren:
* Wenn ich einen schwimmenden Kopf suche, nehme ich einen Floater.
* Will ich im Oberflächenfilm fischen, bringt es der Hover / Low Floater
* Soll der Schusskopf gaaanz langsam einsinken, ist der Slow Intermediate die erste Wahl
* Wenn ich in einem tiefen, schnellfließenden Gewässer eine realistische Chance haben will, den Grund zu erreichen, bin ich auf einen Schusskopf mit der höchsten Sinkrate angewiesen (Sinkrate S10).
* Hänge ich hingegen immer wieder am Grund fest, nehme ich einen langsamer absinkenden Kopf mit S3, S5 oder S7.
Daneben und dazwischen gibt es dann die ganze Bandbreite, es hängt halt von den äußeren Gegebenheiten ab, welche Sinkrate die passende ist, um zum Fisch zu kommen. An dieser Stelle vielleicht der Hinweis, dass die Sinkrate nichts (!) mit dem Gewicht zu tun hat! Ein Floater schwimmt immer - unabhängig davon, ob er 20 g oder 40 g auf die Waage bringt... Entscheidend für das Sinkverhalten ist nicht das Gewicht oder die Masse, sondern eine andere physikalische Größe, nämlich das spezifische Gewicht ("Dichte") einer Schnur. Wer es wissen will: Wasser hat ein spezifisches Gewicht von 1, alles was "schwerer" ist, sinkt. Da dieses aber im Ergebnis keinen wirklich interessiert, sind die Schnüre in Sinkraten klassifiziert, wobei S 7 mit einer Geschwindigkeit von ziemlich genau 7 inch per second (7ips = 17,8 cm/sec) abtaucht. Die Werte gelten für Süßwasser und das Brackwasser der Ostsee, in der Nordsee sieht das dann schon wieder anders aus...
SINKRATE 0: FLOATING 0 ips - 0 cm/sec
SINKRATE 0,5: SLOW INTERMEDIATE 0,5 ips - 1,3 cm/sec
SINKRATE 1: MID INTERMEDIATE 1 ips - 2,5 cm/sec
SINKRATE 1,5: INTERMEDIATE 1,5 ips - 3,8 cm/sec
SINKRATE 2,5: SLOW SINKING 2,5 ips - 6,3 cm/sec
SINKRATE 3: SINKING 3 ips - 7,6 cm/sec
SINKRATE 4: FAST SINKING 4 ips - 10,1 cm/sec
SINKRATE 5: SUPER FAST SINKING 5 ips - 12,7 cm/sec
SINKRATE 6: EXTRA SUPER FAST SINKING 6 ips - 15,2 cm/sec
SINKRATE 7 ULTRA FAST SINKING 7 ips - 17,8 cm/sec
SINKRATE 10: ULTIMATE SINK 10 ips - 25,4 cm/sec
Erwähnenswert sind natürlich auch die DD oder DDD Schussköpfe mit verschieden Sinkraten, die sich leichter liften lassen aber auch schneller driften, was für die Frühjahrsfischerei ein Nachteil, für die sonstige Fischerei ein Vorteil sein kann.
Und noch was: Gelegentlich taucht die Frage auf, ob man denn, weil es tief runter gehen soll, lieber statt der 200 grains - Sinkschnur die 300er oder lieber die 400er nehmen soll. Grains ist allerdings eine Gewichtseinheit - und wenn 200 gr zu der bestimmten Rute XY passen, hat man mit 400 gr den nächsten Fehlkauf getätigt....
Form follows function
Wenn man richtig tief fischen will, gibt es keine Alternative zu einem "hässlichen" Taper, die Gesetze der Physik kann man schlecht ignorieren...
Warum folgt die Form (das Taper) der Funktion ?
Eine dünne Spitze sinkt (bei identischem Coating) langsamer als das dicke Belly...
Leader, Polyleader und Tips
Henrik Mortensen: The leader is the most important part of your setup!
In Kurzform: Das falsche Vorfach kann alles versauen...
Natürlich läßt sich so auch werfen - es macht nur wenig Sinn.
Das gleiche Vorfach...
passt hier irgendwie besser!
Die Wahl des passenden Leaders / Polyleaders ist definitiv keine Quantenphysik, das Einschalten des Hirns reicht für 90% der Fälle aus: Ich kann keinen buschigen Hechtstreamer an einem 4 m langen gezogenen Vorfach mit .16er Spitze werfen - und eine 18er Mücke macht an einem 1 m langen .40er Mono auch wenig Sinn. Wer sich für Hintergründe interessiert: SKALARE und ELEPHANTEN
Vorfach / Leader / Tapered Leader
Ein monofiles Vorfach besteht entweder aus Fluorocarbon (PVDF) oder Nylon (PA), wobei sich da auch Glaubenskriege abspielen. Ich verwende ausschließlich FC, weil das Zeug im nassen Zustand (wir fischen im Wasser !) deutlich abriebfester ist und ich mir keinen Kopf über das Produktionsdatum der Spule machen muss, weil es UV-stabil ist und daher nicht altert. Aufgrund der höheren Dichte wirft es sich zudem besser und sinkt mit 3 ips auch doppelt so schnell wie Nylon (1.5 ips).
Ein “normales” getapertes FC-Vorfach für die Meerforellen-Fischerei von 9´ (28/55) wiegt ca. 0,6 g, bei einem getaperterten Vorfach von 15´ für die Lachsfischerei (38/74) zeigt die Waage ca. 1,7 g an. Die beste Verbindung ist der angelegte Nagelknoten, wenn der SK zudem einen Loop hat, kann da auch nix niemals abrutschen. An das Vorfach selbst schließt sich dann das Tippet an, welches regelmäßig gewechselt werden sollte, weil es irgendwann zu kurz ist und/oder durch den Einsatz zumindest nicht besser geworden ist.
Neben den “normalen” Vorfächern gibt es noch die “unnormalen”, die bei der Verwendung von Sinkschnüren/Sinktips und schweren/schwersten Fliegen zum Einsatz kommen, diese sind meist nur 2´- 4´ lang und somit eher Tippets.
Polyleader
Ein Poly-Leader besteht aus einem (ungetaperten) Nylonstück mit einer (getaperten) Ummantelung aus einem Polymer aus PU (AIRFLO, LTS, VISION) oder PVC (RIO, ZPEY, GAELFORCE). Polys gibt es von 4´ bis 15´- und von leicht bis ziemlich schwer, bei manchen Sinkern besteht (abgesehen von der Seele) kaum noch ein Unterschied zu den Sinktips. Das heißt dann aber auch, dass manche Polys nicht für dünn auslaufende Scandi-Köpfe, sondern für dick auslaufende Skagit-Köpfe gedacht sind!! An den Polyleader selbst schließt sich dann das Tippet an, welches regelmäßig usw. usw. Bei manchen Polyleadern (z.B. Salmon Extra Strong mit 0,52 mm Seele) kann man aus Gründen der Harmonie noch ein kurzes Zwischenstück vor das Tippet schalten, was aber nur dann Sinn macht, wenn das Tippet deutlich dünner sein soll (unter 0,35 mm).
EXTREME SHOOTING HEAD mit unterschiedlichen Polyleadern
Tips / Sinktips
Tips haben eine geflochtene Seele (von den Clear Intermediate mal abgesehen) und sind in Abhängigkeit von der Sinkrate manchmal mehr (Floater) und manchmal überhaupt nicht (T18) getapert. Ein 14´ Clear Intermediate Tip wiegt ca. 7 g, ein 13´ CCT aus T18 schafft lockere 15 g. Sinktips werden mit kurzen Vorfächern (Tippets) gefischt, bei Floatern / Clear Intermediates kann man längere Vorfächer, ggf. sogar in Kombination mit einem 4´ Poly nachdenken.
Wofür brauch ich Tips?
Alle Scandi Bodys (also nicht die Scandi Heads !!) und alle Skagit Bodys (also die Skagit Heads) werden mit Tips gefischt.
Beispiele:
Rute A:
Scandi 20 g = Scandi Shooting Head 20 g oder Body 16 g + Tip 4 g = 20 g
Skagit 22 g = Body 22 g + Tip 5,5 g
Rute B:
Scandi 25 g = Scandi Shooting Head 25 g oder Body 20 g + Tip 5 g = 25 g
Skagit 28 g = Body 28 g + Tip 7 g
Rute C:
Scandi 30 g = Scandi Shooting Head 30 g oder Body 24 g + Tip 6 g = 30 g
Skagit 33 g = Body 33 g + Tip 8 g
Rute D:
Scandi 35 g = Scandi Shooting Head 35 g oder Body 28 g + Tip 7 g = 35 g
Skagit 38 g = Body 38 g + Tip 9,5 g
Rute E:
Scandi 40 g = Scandi Shooting Head 40 g oder Body 32 g + Tip 8 g = 40 g
Skagit 44 g = Body 44 g + Tip 11 g
Man muss sich letztlch nur entscheiden ....
Muss ich das Gewicht der Polyleader eigentlich zum Gewicht des Schusskopfes addieren?
Ein Jurist würde darauf antworten: Kommt darauf an!!
So ganz stimmt das mit dem Überkopfwurf natürlich auch nicht, weil mit der Verlängerung des aktiven, von mir beschleunigten Teils (Schusskopf + Polyleader anstatt nur Schusskopf) eine Erhöhung des Luftwiderstands einhergeht, die dann wiederum nur zum Teil von dem höheren "Gewicht" ..... das führt jedoch eindeutig zu weit, da werden ganze Bücher drüber geschrieben, die ich im Zweifel auch nicht verstehe. Für die Praxis: Das "Gewicht" (Masse) des Polyleaders zählt dazu - und wenn es vielleicht nur 90% sind, macht das keinen Unterschied!
Wie sieht es bei den Wasserwürfen aus?
Auf den ersten Blick doch genauso einfach: Ich fische mit meinem Schusskopf in 9 m Länge (26 g) und einem 10´ Polyleader (4 g) und werfe wie der junge Henrik M. zu seinen besten Tagen - Wurf auf Wurf platziere ich den Übergang zwischen Schusskopf und Polyleader am immer gleichen Punkt neben mir, elegant und mit einer engen Schlaufe schick ich die Fliege auf ihre Reise.
Weil mich der Teufel reitet, tausch ich nun den Poly gegen ein wunderschön getaperten Salmon-Mono-Leader aus - und stelle mit Erschrecken fest, dass die ganze Herrlichkeit dahin ist, irgendwie der Zug zum Tor fehlt, obwohl ich exakt genauso werfe wie vorher. Zuhause pack ich dann den Übeltäter auf die Waage und stelle fest, dass der Schweinehund ja nur 2 g wiegt. Damit steht fest, dass das Gewicht des Polyleaders mitgerechnet werden muss, mit 2 g mehr (=4 g) wär mir das nicht passiert, oder?
Kurze Gegenfrage: Kann jemand Magnetismus erklären? Ich kann´s nicht und auch zur Fliehkraft, der Adhäsionskraft, der Schwerkraft, der Reibungskraft, der Zugkraft und und und fällt mir herzlich wenig ein. Sicher bin ich mir nur in 2 Dingen:
1. Mit der magnetischen Kraft hat das Werfen nichts zu tun!
2. Die Gesetze der Schwerkraft (Gewicht des Schusskopfes + Gewicht des Polyleaders) können nicht alles erklären!
Ein Beispiel:
Ich steh mit dem Gesicht stromab und werfe wieder wie der junge-ihr-wißt-schon - ohne Richtungsänderung (single spey, switch cast etc.), ganz entspannt 9 m Kopf, 10´Poly, Gesamtgewicht 30 g, der Anker ist an der immer gleichen Stelle neben mir, perfekt!!
Ohne am Gesamtgewicht was zu ändern, platziere ich nun den Anker 3 m weiter vor mir, muss ja eigentlich genauso funktionieren, schließlich ist ja das Gewicht unverändert, oder? Tut´s aber nicht, tut´s eigentlich überhaupt nicht, sieht eigentlich eher wie ein erbärmlicher Rollwurf aus!! Kann doch nicht sein, ich versuch doch weiterhin, die ganzen 30 g in Bewegung zu versetzen, wenn ich oben dran zerre, muss das doch Auswirkungen auf das ganze Setup haben!!
Die Antwort lautet: Nur auf den ersten Blick!
Tatsächlich läßt sich das System im Moment des Vorschwungs in drei variable (!!!!) Teile zerlegen:
- Anker
Ich kann wenig oder viel wässern, ich kann einen PL oder ein Mono nehmen, hier wirken - aufgrund der im Vergleich zur Luft höheren Viskosität des Wassers - Reibungskräfte, der eigentlich nach hinten entfleuchen wollende SK wird eingebremst.
- Aktiver Teil
So richtig "aktiv" aus sich selbst heraus ist da nix, ich bin es ja, der die Rute und damit deren Spitze in eine Richtung (nach vorne) bewegt, diese zieht am Schusskopf, und sie zieht über die RL natürlich nur an dem mit dem SK verbundenen Ende
- Passiver Teil
Und "passiv" stimmt dann auch nicht so richtig, mein Zug über die Rute kommt dort lediglich etwas zeitversetzt an.
Egal, mit dem Bild soll lediglich gezeigt werden, dass die einzelnen Bestandteile variabel sind: Ich kann nix weglassen, aber doch die Parameter verändern, das Vorfach beispielsweise weiter vorne oder hinten platzieren - manchmal passt es dann, manchmal nicht.
Und was hat der ganze Unsinn nun mit der Ausgangsfrage zu tun?
Nun, nach meiner unmaßgeblichen Meinung dient das Poly / Leader "nur" als Anker, seine Aufgabe besteht darin, Reibungskräfte zu erzeugen, um ein Durchrutschen des Vorfachs zu verhindern, nichts weiter. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss es natürlich ein gewisses Gewicht haben, wäre es schwerelos, würde es ja gar nicht die Wasseroberfläche erreichen!! Aber es kommt eben nicht so sehr darauf an, ob es nun 2 g, 4 g oder sonst was auf die Waage bringt, maßgebend ist die Reibungskraft, nicht die Gewichtskraft!
Hinzu kommt, dass ich durch die Veränderung der aktiven Teils um ein Vielfaches mehr an Einfluss auf die zu beschleunigende Masse nehmen kann (50 cm vor, 1 m zurück etc), so dass die 2 g mehr oder weniger vom Poly oder nicht Poly überhaupt nicht ins sprichwörtliche "Gewicht" fallen.
Und wer jetzt denkt, ich hätte ein super Eigentor geschossen, weil doch im Ausgangsfall das Mono "nur" 2 g weniger wiegt und es doch darauf überhaupt nicht ankommen soll: Polyleader generieren höhere Adhäsionskräfte. Warum? Keine Ahnung! Um ein 10´Poly zu ersetzen müsste man schon ein 14´ Mono nehmen, dann passt es wieder mit der Reibungskraft...
Länge
Ein sauberer Wurf mit einem gestreckt landenden Vorfach geht immer so weit, wie der durch den Vorwurf beschleunigte und durch Luftwiderstand und Runningline eingebremste Schusskopf sich während seiner Vorwärtsbewegung - also nach dem Schießenlassen - in der Luft abrollt, um mit (letzter Kraft) Vorfach und Fliege sauber abzulegen. Wichtig ist insbesondere das saubere Ablegen, Wurfweite ist eher unwichtig.
Surf Cast
Grundsätzlich ist zunächst mal nach "unten" alles und nach "oben" vieles möglich - ich kann also z.B. einen 3 m langen Kopf mit jeder beliebigen Rute "werfen", während ich bei einem 20 m langen Kopf eher eine 17´ - Zweihandrute gebrauchen könnte...
Was ich damit andeuten will, ist der Umstand, dass auch beim Überkopfwurf ein gewisses Verhältnis zwischen Ruten- und Schusskopflänge bestehen sollte, nur ist dieses Fenster halt wesentlich größer als bei den weiter unten beschriebenen Wasserwürfen. Bevor jetzt jemand nach einem Blick in die Tabelle schreit, dass er für´s Hechtfischen mit 6 m Köpfen wunderbar hinkommt (kenn ich welche) und an der Küste erfolgreich mit 13 m Köpfen fischt (kenn ich auch einen), kann ich nur feststellen, dass nichts verboten und jeder seines eigenen Glückes Schmied ist!!
Das Gewicht der Polyleader (Vorfach kann man gewichtstechnisch vernachlässigen) ist beim Überkopfwurf zu beachten - manche Sinker bringen 8 g auf die Waage!
Rutenlänge |
kurzer Schusskopf |
mittlerer Schusskopf |
langer Schusskopf |
9´ | 8,2 m | 9,6 m | 11 m |
9´6" | 8,5 m | 10 m | 11,4 m |
10´ | 8,9 m | 10,4 m | 11,9 m |
10´6" | 9,1 m | 10,7 m | 12,3 m |
11´ | 9,4 m | 11 m | 12,7 m |
11´6" | 9,6 m | 11,4 m | 13,1 m |
12´ | 9,8 m | 11,7 m | 13,5 m |
12´6" | 10 m | 12 m | 13,9 m |
13´ | 10,3 m | 12,3m | 14,2 m |
13´6" | 10,3 m | 12,3 m | 14,4 m |
14´ | 10,3 m | 12,4 m | 14,9 m |
15´ | 10,5 m | 12,8 m | 15 m |
16´ | 10,7 m | 13,2 m | 15,6 m |
17´ | 10,9 m | 13,4 m | 16 m |
Hier findet sich eine Massedarstellung verschiedener Köpfe für die Küstenfischerei: SURF COAST
Und hier eine für die Hechtfischer: SURF PIKE
Skagit Cast
Die Fischerei mit Skagit-Köpfen hat sich spätestens Anfang der 80er Jahre in den Staaten entwickelt, wo man damit auf Steelheads in Grundnähe fischt. Vor 20 Jahren entstand daraus - auch in Europa - ein regelrechter Skagit-Hype, alle wollten Skagit fischen, die wenigsten haben sich allerdings mit der Materie näher befaßt.
Hinter Skagit steckt eigentlich das Konzept, mit
a) einem (schwimmenden) Kopf und
b) einer Vielzahl von Sinktips unterschiedlicher Länge und unterschiedlicher Sinkraten
c) große und größte Fliegen
d) bei eingeschränktem Rückraum
e) grundnah anzubieten.
Das Konzept läßt sich allerdings entspannt auf die Lax-Fischerei übertragen, schließlich taucht das Problem des mangelnden Rückraums, des starken Windes und großer und/oder schwerer Fliegen (gern auch in Kombination) nicht nur an nordamerikanischen Flüssen auf. Wurftechnisch handelt es sich beim "Skagit - Cast" lediglich um amerikanisch / kanadische Varianten des Traditional Spey Cast, also Wasserwürfe, jedoch mit einem "richtigen" Anker ausgeführt, was man dann als Sustained Anchor Cast (SA-Cast) bezeichnet. Einen "richtigen" Anker erreicht man dadurch, dass der Wurf (im Vergleich zum "Scandi-Cast") wesentlich langsamer ausgeführt wird, man gibt dem Sinktip also Zeit, nicht nur kurz die Wasseroberfläche zu berühren (touch & go - Cast), sondern etwas abzusinken. Hierdurch erhält man höhere "Gegenkräfte", die den Vorschwung zumindest insoweit effektiver machen, als dass sich die Fliege nicht oder nur minimal in Richtung des Werfers bewegt. Um diese "Gegenkräfte" zu überwinden, brauch ich dann aber auch eine ordentliche Masse, was das um ca. 10% höhere Gewicht der Skagit-Köpfe (im Vergleich zu Scandi) und ihr "brutales" Taper erklärt. Dessen ungeachtet kommt es auch hier auf ein richtiges Timing / einen passenden Krafteinsatz an: Der Sinktip sollte am Ende des Rückschwungs mindestens (!) zu 50% aus dem Wasser draussen sein - Übung macht den Meister.... Im Grunde kann man sich auf 2 Würfe beschränken, den Circle Spey (alternativ Snap-T) und den Double Spey. Wer beide Würfe auch noch über die jeweils falsche Schulter (bei mir als Rechtshänder die linke!) beherrscht, kann nicht nur auf beiden Flussseiten fischen (sehr schön), sondern insbesondere auch vermeiden, dass der Wind die Fliege im Vorschwung gegen den Kopf knallt (viel wichtiger!!). Das Gewicht der (Sink-)Tips spielt kaum eine Rolle für die Frage des Schusskopfgewichtes, da es den Anker / den unteren Teil des "D" bildet und beim Vorschwung nicht unmittelbar mitbeschleunigt wird.
Hier findet sich eine Massedarstellung verschiedener Skagit-Köpfe: SKAGIT
Welche Länge sollen die Sinktips haben?
Sie müssen zum Setup von +/- 3:1 passen.....
Scandi Cast
Gibt es in den verschiedenen Varianten vermutlich auch schon mehr als 150 Jahre, zumindest wenn man sich das Buch "The Science of dry fly fishing and salmon fly fishing" von Shaw aus dem Jahr 1907 anschaut.
Underhand Circular Cast von 1870
Aktuell heißt der Wurf eben Underhand Cast oder Scandinavian Underhand Cast - ist jedenfalls ein touch & go - cast und wird mit eher kürzeren Köpfen praktiziert.
Rutenlänge |
Floating |
Sink 1 - Sink 1,5 |
Sink 2 - Sink 4 |
Sink 5 - Sink 7 |
9´ | 7,7 m - 8,2 m | 7,1 m - 7,4 m | 6,9 m - 7,1 m | 6,9 m - 7 m |
9´6" | 8,1 m - 8,7 m | 7,5 m - 7,8 m | 7,3 m - 7,5 m | 7,1 m - 7,3 m |
10´ | 8,3 m - 8,9 m | 7,9 m - 8,2 m | 7,6 m - 7,9 m | 7,3 m - 7,6 m |
10´6" | 8,6 m - 9,2 m | 8,3 m - 8,6 m | 8 m - 8,3 m | 7,7 m - 8 m |
11´ | 8,9 m - 9,4 m | 8,7 m - 9 m | 8,4 m - 8,7 m | 7,9 m - 8,4 m |
11´6" | 9,1 m - 9,8 m | 9,1 m - 9,5 m | 8,8 m - 9,1 m | 8,4 m - 8,8 m |
12´ | 9,5 m - 10,3 m | 9,5 m - 9,9 m | 9,1 m - 9,5 m | 8,8 m - 9,1 m |
12´6" | 9,8 m - 10,5 m | 9,5 m - 9,9 m | 9,1 m - 9,5 m | 8,8 m - 9,1 m |
13´ | 10,3 m - 10,7 m | 9,5 m - 9,9 m | 9,1 m - 9,5 m | 8,8 m - 9,1 m |
13´6" | 10,7 m - 11,1 m | 9,9 m - 10,3 m | 9,5 m - 9,9 m | 9 m - 9,5 m |
14´ | 10,9 m - 11,5 m | 10,3 m - 10,7 m | 9,8 m - 10,3 m | 9,4 m - 9,8 m |
15´ | 11,1 m - 11,6 m | 10,5 m - 11 m | 10 m - 10,5 m | 9,6 m - 10 m |
16´ | 11,7 m - 12 m | 10,7 m - 11,2 m | 10,3 m - 10,7 m | 9,9 m - 10,3 m |
17´ | 11,9 m - 12,2 m | 10,9 m - 11,4 m | 10,4 m -10,9 m | 10m - 10,4 |
Alles nur Richtwerte !!
Modern Spey Cast
Eine weitere Variante des Unterhandwurfs, wie er zum Beispiel von den Syrstad - Brüdern praktiziert wird.
Die Länge der Schussköpfe entspricht dem dreifachen der Rutenlänge, bei einer 13´ Rute also 11,90 m und bei einer 15´ Rute ca. 13,80 m.
Scottish Spey Cast - Tay & Tummel Style
Die alten Schotten nehmen noch mal längere Köpfe - dort beträgt das Verhältnis von Schusskopf / Rute dann ca. 4:1.
Gefischt wird gerne mit Ruten von 16´- 17´ - und dann sind die Köpfe halt auch mal 22 m lang.
Die Schusskopffischerei gibt es seit den 50er Jahren des letzen Jahrhunderts.
Es hat sich im Laufe der Zeit eingebürgert, als Shooting Lines monofile Schnüre und als Running Lines Schnüre mit einem geflochtenen Kern zu bezeichnen, gemeint ist jedenfalls immer das sich an den Schusskopf anschließende Stück Schnur.
Diese gibt es als Monofil-Schnur in ovaler Form (FLAT BEAM), rund (AMNESIA, LAZAR), schwimmend (VARIVAS AIRS), als Monofilschnur mit einem Coating (POLYSHOOT), als schwimmende Geflechtschnur (MIRACLE BRAID) oder als Schnur mit einem Coating wie bei Fliegenschnüren, da dann wieder mit einem normalen geflochtenen Kern oder mit Power Core - Seele.
Eine Running Line sollte einerseits möglichst wenig Reibungswiderstand bieten.
Dieser Widerstand darf aber andererseits aber auch nicht zu gering ("0") sein, wie es beispielsweise beim Spinnfischen wünschenswert wäre: Wie schleudern ja nicht den Schusskopf wie einen Speer Richtung Horizont, sondern lassen ihn sich in der Luft abrollen. Wird er hierbei nicht in der erforderlichen Weise "eingebremst", rollt er nicht ab....und das Vorfach schon gar nicht.
Schließlich muss die Running Line natürlich auch
- über die entsprechende Tragkraft verfügen,
- sollte nicht (dauerhaft) geknickt sein,
- nicht wie ein Stein absinken,
- die extremen mechanischen Belastungen beim Wurf abkönnen,
- bezahlbar sein,
- nicht in die Finger schneiden,
- sich knoten oder spleißen lassen und und und.....
Hinweise:
1. Man verbindet das Belly (das dicke Ende des Schusskopfes) und die Runningline miteinander!
2. Alle neuen Schnüre sollte man für einige wenige Sekunden in einen Topf mit sehr heißem Wasser (65° C) geben, damit sie ihre Spannung und das lagerungs- und transportbedingte Memory verlieren und sich dann beim Fischen besser strecken.
Schussköpfe aus Polyurethan muss man eigentlich überhaupt nicht pflegen, eine halbwegs pflegliche Behandlung reicht vollkommen aus.
Wenn sie allerdings nach dem Fischen unglücklich (ohne Line Winder) zusammengerollt werden, kann das dann so aussehen:
Nach zweimaligem Entdrallen sah der Kopf immer noch so aus:
Aber es gibt auch dafür eine Lösung - nämlich ein heißes Bad:
Allerdings nicht über 65° C !
Voila !
3. Schlaufenverbindungen (Loop-to-Loop-Connections) sind eigentlich nicht schwierig, trotzdem....